Ambulanten Pflegedienst verkaufen - Tipps für den richtigen Zeitpunkt
Sein Unternehmen zu verkaufen, ist meist keine leichte Entscheidung - besonders im Hinblick auf die Zeit, die man mit dem Unternehmen verbracht hat, auf eingespielte Tagesabläufe und auf Mitarbeiter:innen, die einem über die Jahre hinweg ans Herz gewachsen sind. Veränderung ist selten einfach. Umso wichtiger ist es, frühzeitig mit dem Verkaufsprozess zu beginnen.
Unter Zeitdruck verkaufen? Keine gute Idee.
Der gedankliche Einstieg erfolgt meist 5-7 Jahre vor dem tatsächlichen Verkauf - oft mit dem Gedanken: „Vielleicht kann mein Mitarbeiter das Unternehmen übernehmen. “ Das ist ein erster, keinesfalls schlechter Schritt, denn er führt dazu, dass man sich erstmals aktiv mit dem Thema beschäftigt und beginnt, die Finanzen so zu strukturieren, dass ein Nachfolger einen klaren Überblick erhält.
Doch meist folgt hier ein erster Dämpfer: Einen Pflegedienst im Angestelltenverhältnis zu leiten und ein ambulantes Pflegeunternehmen als Selbstständige:r zu führen, sind zwei völlig unterschiedliche Paar Schuhe. Nicht jeder Mensch ist nun mal für die Selbstständigkeit gemacht. In der Praxis erleben wir häufig, dass Unternehmer:innen ihr Unternehmen nach monatelanger Einarbeitung potenzieller Nachfolger:innen letztlich doch extern verkaufen - oft inklusive der ursprünglich vorgesehenen internen Kandidat:in, die in der entscheidenden Phase zurückschrecken.
Dieser Rückzug ist kein Einzelfall. Gerade in Zeiten von Fachkräftemangel, wachsendem Verwaltungsdruck und einer veränderten Haltung zur beruflichen Belastung sinkt die Übernahmebereitschaft innerhalb der Belegschaft spürbar. Was gut gemeint als interne Nachfolge begann, endet nicht selten in einer Verkaufsentscheidung unter Zeitdruck - weil der eigentlich geplante Nachfolger:in „kalte Füße“ bekommt. Somit rückt der Renteneintritt näher, als es die verbliebene Handlungsspanne zulässt.
Unsere Empfehlung daher: Ein Unternehmensverkauf sollte früh geplant sein plus mehrere Angebote beinhalten.
Bedeutet: der Verkauf eines ambulanten Pflegedienstes sollte idealerweise drei bis vier Jahre im Voraus geplant werden. Gerade in einer Branche wie der Pflege - einem echten „People's Business“ - ist eine sorgfältig geplante Übergabe entscheidend. Nicht nur, um die Patientenbindung nach der Übergabe zu sichern, sondern auch, um Unsicherheiten in der Belegschaft gezielt abzufedern.
Die Braut aufhübschen - und zwar mit System
Wer sein Pflegeunternehmen erfolgreich verkaufen will, muss es nicht nur rechtzeitig vorbereiten - sondern aktiv aufwerten. Der oft zitierte Rat, „die Braut aufzuhübschen“, gewinnt in der Pflegebranche zunehmend an wirtschaftlicher Relevanz. In der Praxis bedeutet das: Strukturen schaffen. Denn Kaufinteressenten - ob strategische Partner oder Investoren - schauen heute genauer denn je hin.
Ein entscheidender Aufwertungshebel ist die Digitalisierung: Pflegedienste, die frühzeitig auf smarte Softwarelösungen setzen, ihre Verwaltungsprozesse automatisieren und damit Fachkräfte von zeitraubender Bürokratie entlasten, steigern nicht nur ihre Effizienz - sondern auch ihren Unternehmenswert. Digitale Abrechnungen, Tourenplanungen, automatisiertes Controlling und revisionssichere Dokumentation sind der Schlüssel zum optimalen Kaufpreis.
Aber auch jenseits der Technik zählt, was intern gelebt wird: funktionierende Führungsebenen unterhalb der Inhaberschaft, stabile Personalschlüssel, geringe Fluktuation und ein klar kommuniziertes Leitbild. All das signalisiert potenziellen Käufern: Dieses Unternehmen funktioniert - auch ohne die Gründerin oder den Gründer an der Spitze.
Verkaufen in der Stärke - nicht aus der Not
Idealerweise erfolgt ein Verkauf in wirtschaftlich stabiler Lage, bei positiver Ertragslage und mit bestehenden Entwicklungsperspektiven. Doch diese Idealkonstellation wird in der Praxis immer seltener. Der Grund: Die Branche steht unter Druck. Das sogenannte „Pflegedienst-Sterben“ ist in aller Munde.
Die Ursachen dafür liegen einerseits in steigenden Personalkosten - getrieben durch Tarifbindung, Mindestlohnanpassungen und den Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte - und andererseits in einer Vergütung durch die Kostenträger, die häufig hinter den tatsächlichen Ausgaben zurückbleibt. Besonders im ambulanten Bereich sind die Pflegesätze oft nicht vollständig auskömmlich - zumindest nicht, wenn die Routen nicht exakt geplant sind. Hinzu kommt, dass Zahlungsziele der Kassen von bis zu sechs Wochen keine Seltenheit sind. Gleichzeitig steigen die Betriebsausgaben - von Energiekosten über Mieten bis hin zur IT-Infrastruktur - teils deutlich stärker als der Regelsatz. Dazu kommen massive bürokratische Anforderungen, permanente gesetzliche Änderungen, langwierige Genehmigungsverfahren und ein zunehmender Mangel an verlässlichem Verwaltungspersonal.
Kurzum: Wer seinen Betrieb verkaufen will, darf nicht warten, bis die Zahlen kippen. Der ideale Zeitpunkt liegt - betriebswirtschaftlich gesehen - immer dann, wenn das Unternehmen stabil, aber noch entwicklungsfähig ist. Denn nur dann kann ein Käufer Potenziale erkennen und bewerten. Wer hingegen zu lange wartet, riskiert nicht nur einen schlechteren Preis - sondern auch, dass der Betrieb überhaupt nicht mehr übergabefähig ist.
Hinweis: Dieser Artikel ist Teil unserer Gesundheitswirtschaft-Serie. Kontaktieren Sie uns unter valuation@adamsstrategy.de für Beratungen zu M&A im Pflegebereich.